Ein paar Fakten und Zahlen zu dem Thema
Einschlaf- und Durchschlafprobleme sind in der Bevölkerung weit verbreitet und gelten als regelrechte Volkskrankheit. In Deutschland berichten etwa 43 Prozent der Menschen, innerhalb eines Jahres unter Schlafstörungen gelitten zu haben, wozu sowohl Einschlaf- als auch Durchschlafprobleme zählen. Nur etwa drei Prozent der Bevölkerung geben an, nie Einschlafschwierigkeiten oder unruhigen Schlaf zu haben. Ähnliche Zahlen finden sich in der Schweiz, wo ein Drittel der Bevölkerung betroffen ist. Besonders häufig sind Frauen und ältere Menschen betroffen.
Zu den häufigsten Schlafproblemen zählen:
- Einschlafstörungen: Schwierigkeiten, abends zur Ruhe zu kommen und einzuschlafen.
- Durchschlafstörungen: Häufiges nächtliches Erwachen oder zu frühes Aufwachen am Morgen ohne Wiedereinschlafen zu können.
Die Ursachen für Schlafprobleme sind vielfältig. Psychische Faktoren wie Stress, Sorgen, finanzielle Probleme und Beziehungsprobleme spielen eine zentrale Rolle. Körperliche Beschwerden (z.B. Schmerzen, chronische Krankheiten) zählen ebenfalls zu den Hauptursachen. Lebensstilfaktoren wie Schichtarbeit, Alkoholkonsum, Nikotin und die Nutzung digitaler Medien vor dem Schlafengehen können Schlafprobleme begünstigen.
Schlafmangel und -störungen haben weitreichende gesundheitliche Auswirkungen:
- Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und psychische Erkrankungen.
- Leistungsabfall, Konzentrationsprobleme und erhöhte Unfallgefahr, insbesondere im Straßenverkehr.
- Chronische Schlafprobleme können zu Multimorbidität und Demenzrisiko beitragen.
- Aging: Schlafstörungen führen zu einer Beschleunigung des Alterungsvorganges und sind daher unbedingt zu beheben
Viele Betroffene versuchen, ihre Schlafprobleme selbst zu lösen, etwa durch Schlaftracker oder Schlafmittel. In Deutschland greifen fast 40 Prozent der Menschen gelegentlich zu Schlafmitteln, bei den Jüngeren sogar noch häufiger. Schlafmittel können vorübergehend wirken, dürfen aber nicht als Dauerlösung genutzt werden, da sie meist nur symptomatisch wirken.
Was kann man dagegen tun?
Gegen Schlafstörungen bietet die Pharmaindustrie verschiedene Schlafmittel an. Diese machen teilweise leicht abhängig – wie z.B. „Benzodiazepine“ (Valium, Librium, Lexothanil, Adumbran etc.) und/oder verhindern die wichtigen Traumphasen.
Klassische Präparate
Kurzfristig kann man bestenfalls Antihistaminica / Antiallergika der ersten Generation empfehlen, deren müdemachende „Nebenwirkung“ man dann als Hautpwirkung nutzt. Diese Stoffe sind deshalb relativ „harmlos“, da sie Jahrzehnte als Mittel gegen Allergien eingesetzt wurden und nur geringe Nebenwirkungen haben.
Bekannt sind Stoffe wie Clemastin, Dimetinden, Doxylamin, Diphenhydramin oder Hydroxyzin (Verschreibungspflichtig), die u.a. als „Schlafsterne“, „Betadorm“, „Dorm“, „Hoggar Night“, „Schlaftabs“ etc. vermarktet werden.
Hier ist aber zu beachten, dass nicht alle diese Stoffe bei jedem Menschen gleich gut wirken, so dass man ggf. einige Präparate und Wirkstoffe durchprobieren muss. Auch ist die Wirkungsdauer von Mensch zu Mensch variabel: Die einen werden nach 4 Stunden wieder wach; die anderen fallen 10 Stunden in eine Art Koma.
Die Stoffe des Biohackers
Es gibt einige Stoffe, deren Wirkung zur Verbesserung des Schlafes eingesetzt werden können. Diese Stoffe wirken meist nur schlaffördernd, also nicht vergleichbar mit einem Schlafmittel. Da sie aber auch kaum Nebenwirkungen haben und den Traumschlaf nicht beeinträchtigen, lohnt sich in jedem Fall ein Versuch.
Das grundsätzlich empfohlene Vorgehen ist „Trial and Error“. Man beschafft sich diese Stoffe und geht mit der Dosierung langsam nach oben, bis eine gewünschte Wirkung eintritt. Die Kombination mehrerer Stoffe ist dabei sehr zu empfehlen. Die folgenden Stoffe sind evident wirksam:
- Magnesium: Dieses Mineral spielt eine Rolle bei der Regulierung von Neurotransmittern, die den Schlaf beeinflussen. Ein Mangel kann zu Schlafproblemen führen, während eine Supplementierung die Schlafqualität verbessern kann.
- Vitamin B12 ist beteiligt an der Regulierung des zirkadianen Rhythmus. Studien wie die von [Bouloukaki2023] zeigen, dass Vitamin B12 die Schlaf-Wach-Zyklen beeinflussen kann. Die Ergebnisse zeigen, dass niedrigere Vitamin-B12-Spiegel mit einem höheren Risiko für Schlaflosigkeitssymptome und EDS in einer bestimmten Untergruppe von erwachsenen Anwendern der primären Gesundheitsversorgung verbunden waren.
- Glycin: Eine Aminosäure, die als Neurotransmitter wirkt und eine beruhigende Wirkung auf das Gehirn hat. Die Einnahme von Glycin vor dem Schlafengehen kann die Schlafqualität verbessern, siehe [Yamadera2007], (Zitat): „Bei menschlichen Probanden, die kontinuierlich einen unbefriedigenden Schlaf erlebten, wurden die Auswirkungen der Einnahme von Glycin (3 g) vor dem Schlafengehen auf die subjektive Schlafqualität untersucht und Veränderungen in der Polysomnographie (PSG) während des Schlafs analysiert. Die Auswirkungen auf die Tagesschläfrigkeit und die kognitive Funktion am Tag wurden ebenfalls untersucht. Glycin verbesserte die subjektive Schlafqualität und die Schlafwirksamkeit (Schlafzeit/Zeit im Bett) und verkürzte die PSG-Latenz sowohl beim Einschlafen als auch beim Langsamwellenschlaf ohne Veränderungen in der Schlafarchitektur. Glycin verringerte die Tagesschläfrigkeit und verbesserte die Leistung von Gedächtniserkennungsaufgaben. So scheint eine Bolus-Einnahme von Glycin vor dem Schlafengehen eine subjektive und objektive Verbesserung der Schlafqualität auf eine andere Weise zu bewirken als herkömmliche Hypnotika wie Benzodiazepine.“.
- Kirschsaft: Enthält natürliche Melatoninquellen. Einige Studien, wie [Howatson2012] deuten darauf hin, dass der Konsum von Kirschsaft die Schlafdauer verlängern und die Schlafqualität verbessern kann. (Zitat) „Diese Daten deuten darauf hin, dass der Verzehr eines Sauerkirschsaftkonzentrats zu einem Anstieg des exogenen Melatonins führt, das bei der Verbesserung der Schlafdauer und -qualität bei gesunden Männern und Frauen von Vorteil ist und bei der Behandlung von Schlafstörungen von Vorteil sein könnte.“
- Ashwagandha (Withania somnifera): Traditionell in der ayurvedischen Medizin verwendet, zeigt Ashwagandha in Studien beruhigende und stressreduzierende Eigenschaften, die den Schlaf fördern können. [Deshpande2020] fasst zusammen: (Zitat) „Die sechswöchige Supplementierung mit dem standardisierten Ashwagandha-Extrakt verbesserte die allgemeine Schlafqualität, indem sie den NRS-Zustand bei gesunden Probanden signifikant verbesserte. In der Studie wurden keine behandlungsbedingten unerwünschten Ereignisse berichtet.“
- 5-HTP (5-Hydroxytryptophan): Als Vorstufe von Serotonin und Melatonin kann 5-HTP die Schlafqualität verbessern, indem es die Einschlafzeit verkürzt und die Schlafdauer verlängert. [Sutanto2021] (Zitat) „Ältere Erwachsene hatten eine schlechte Schlafqualität und eine 5-HTP-Supplementierung trug dazu bei, die Schlaflatenz für bis zu 8 Wochen zu reduzieren. Anhaltende Wirkungen wurden nicht beobachtet, und dies kann auf die Akklimatisierung des Körpers an eine längerfristige 5-HTP-Supplementierung zurückzuführen sein.“
- GABA (Gamma-Aminobuttersäure): GABA ist ein hemmender Neurotransmitter, der eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem hat. Studien wie [Yamatsu2016] deuten darauf hin, dass die Einnahme von GABA die Einschlafzeit verkürzen und die Schlafqualität verbessern kann.
- Passionsblume (Passiflora incarnata) hat eine sehr gute Evidenz zur Lösung von Ängsten, dem Durchbrechen von “Gedankenkreisen” und der allgemeinen Beruhigung der Nerven. Die Wirkung ist u.a. laut der Studie von [Akhondzadeh2001] vergleichbar mit der Wirkung von Benzodiazepinen; die Verträglichkeit und Nebenwirkungsfreiheit ist ungleich besser.
- Magnolia officinalis ist vergleichbar gut beruhigend, schlaffördernd und angstlösend wirksam, wie Benzodiazepine, wirkt zusätzlich aber noch schmerzstillend und entzündungshemmend. Die Wirkstoffe wirken entspannend auf das zentrale Nervensystem.
- L-Theanin hat wissenschaftlich belegte schlaffördernde Effekte, insbesondere durch seine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem – und gehört damit eindeutig in die Liste schlaffördernder Substanzen. Eine Placebo-kontrollierte Studie mit 98 Teilnehmern [Lyon2011] zeigte, dass 200 mg L-Theanin täglich zu signifikanten Verbesserungen in Schlafqualität und Einschlafzeit führten, insbesondere bei Personen mit moderatem Stress. Die aktuelle Metaanalyse von [Bulman2025] kommt zu folgenden Schluss (Zitat): „Trotz einer mangelnden Verbesserung, die bei den objektiven Schlafmessungen beobachtet wurde, wurden positive Auswirkungen einer L-Theanin-Supplementierung auf subjektive Messungen der Schlafeinbruchlatenz, der Tagesdysfunktion und der allgemeinen Schlafqualität beobachtet. Die Ergebnisse dieser Übersichtsarbeit zeigen das Potenzial einer L-Theanin-Supplementierung als Behandlungsoption zur Behandlung von Schlafstörungen.„
Einige Stoffe haben eine schwächere Evidenz bezüglich Verbesserung der Schlafqualität, können aber auch versuchsweise eingesetzt werden:
- Taurin kann eine beruhigende Wirkung auf das zentrale Nervensystem haben. Einige Studien deuten darauf hin, dass Taurin den Schlaf fördern könnte, insbesondere durch die Modulation von GABA-Rezeptoren.
- Rhodiola rosea (Rosenwurz) ist bekannt für seine adaptogenen Eigenschaften, die helfen können, Stress zu reduzieren. Einige Studien deuten darauf hin, dass es die Schlafqualität verbessern könnte, insbesondere bei Personen mit stressbedingten Schlafstörungen.
- Gotu Kola (Centella asiatica): Traditionell in der ayurvedischen Medizin verwendet, wird Gotu Kola eine beruhigende Wirkung zugeschrieben. Es gibt Hinweise darauf, dass es die Schlafqualität verbessern kann, insbesondere bei älteren Erwachsenen.