
Wie ist die Häufigkeit sexueller Störungen
Sexuelle Störungen betreffen einen erheblichen Teil der Bevölkerung, wobei die Häufigkeit je nach Art der Störung, Geschlecht und Alter variiert.
In Deutschland sind schätzungsweise 6–8 Millionen Männer von Erektionsstörungen betroffen. Die Prävalenz steigt mit dem Alter deutlich an:
- 2,3 % der 30- bis 40-jährigen Männer
- 8 % der 20- bis 29-Jährigen
- 10 % der 30-Jährigen
- 9,5 % der 40- bis 49-Jährigen
- 15,7 % der 50- bis 59-Jährigen
- Über 34 % der 60- bis 70-Jährigen
- 53,4 % der 70- bis 79-Jährigen
Insgesamt leidet etwa jeder fünfte Mann im Laufe seines Lebens an behandlungsbedürftigen Erektionsproblemen. Die Ursachen sind vielfältig: Bei jüngeren Männern überwiegen psychische Faktoren, bei älteren biologische.
Bei Frauen ist die Lage (auch aus „technischen“ Gründen) ein wenig anders: 33–34 % der Frauen berichten, mindestens einmal im Leben an einer sexuellen Störung gelitten zu haben. Am häufigsten sind fehlende sexuelle Lust (bis zu 25,5 %) und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (bis zu 17,5 %).
Es ist auch zu berücksichtigen, dass viele Frauen bei sich im Falle der „Unlust“ kein Problem sehen. Das Problem damit haben dann eher die Männer. Daher sind viele Frauen diesem Thema gegenüber meist eher gleichgültig bis ignorant eingestellt, was ja auch der Grund für die meisten Scheidungen sein dürfte.
Die tatsächliche Zahl der Betroffenen dürfte deutlich höher liegen, da viele Menschen aus Scham oder Unsicherheit keine ärztliche Hilfe suchen.
Die Ursachen bei Männern
Lassen wir psychische Ursachen komplett bei Seite, entstehen Erektionsstörungen (erektile Dysfunktion, ED) meist durch ein Zusammenspiel verschiedener körperlicher und psychischer Faktoren. Die wichtigsten Ursachen und Risikofaktoren sind:
- Körperliche (organische) Ursachen: Durchblutungsstörungen: Erkrankungen der Blutgefäße, insbesondere Arteriosklerose, sind die häufigste organische Ursache und machen über die Hälfte der Fälle aus. Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen fördern diese Gefäßveränderungen zusätzlich.
- Nervenschäden: Nervenerkrankungen oder Verletzungen, etwa nach Operationen im Beckenbereich (z. B. Prostataoperation), können die Signalübertragung zum Penis beeinträchtigen.
- Hormonelle Störungen: Ein niedriger Testosteronspiegel oder andere Hormonstörungen können die Erektionsfähigkeit beeinträchtigen.
- Medikamente und Substanzen: Bestimmte Medikamente (z. B. gegen Bluthochdruck, Depressionen) sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch können Erektionsstörungen auslösen.
- Chronische Erkrankungen: Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leber- oder Nierenerkrankungen erhöhen das Risiko deutlich.
- Lebensstilfaktoren: Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Übergewicht und Bewegungsmangel schädigen die Blutgefäße und gelten als wichtige Risikofaktoren
Letztlich kann man das Problem der meisten Männer mit ED auf die Blutgefäße zurückführen, auf die alle diese Ursachen einwirken. Stickstoffmonoxid (NO) und die Funktion der Blutgefäße sind zentrale Elemente für das Zustandekommen und den Erhalt einer Erektion.
Bei sexueller Stimulation werden Nervenimpulse an die Blutgefäße des Penis weitergeleitet, woraufhin die Endothelzellen (Gefäßinnenwände) Stickstoffmonoxid (NO) freisetzen. NO wirkt als Botenstoff und sorgt dafür, dass sich die glatte Muskulatur der Blutgefäße entspannt. Dadurch erweitern sich die Gefäße (Vasodilatation), was einen erhöhten Bluteinstrom in die Schwellkörper des Penis ermöglicht. Das aufgenommene Blut erzeugt Druck im Schwellkörper und führt zur Versteifung des Penis.
NO aktiviert das Enzym Guanylatzyklase in den glatten Muskelzellen der Gefäßwände, was zur Bildung von cyclischem Guanosinmonophosphat (cGMP) führt. cGMP sorgt für die weitere Entspannung der Gefäßmuskulatur und hält die Erektion aufrecht. Der Kreislauf aus erhöhtem Blutfluss, weiterer NO-Produktion und anhaltender Gefäßentspannung ermöglicht eine stabile Erektion.
Die Gesundheit der Blutgefäße ist entscheidend. Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose), Bluthochdruck oder Diabetes können die NO-Produktion und die Gefäßfunktion beeinträchtigen. Ist die Durchblutung gestört, gelangt nicht genug Blut in die Schwellkörper, und die Erektion bleibt aus oder ist nicht ausreichend.
Erektionsstörungen können daher ein Frühwarnzeichen für allgemeine Gefäßerkrankungen sein.
Die Behandlung bei Männern
Hauptsäule der klassischen medikamentösen Therapie von Erektionsstörungen sind die sogenannten PDE-5-Hemmer. Zu den bekanntesten Wirkstoffen zählen Sildenafil (Viagra®), Tadalafil (Cialis®), Vardenafil (Levitra®) und Avanafil (Spedra®). Diese unterscheiden sich vor allem in der Wirkungsdauer und der Zeit bis zum Wirkungseintritt.
Diese PDE-5-Hemmer blockieren das Enzym Phosphodiesterase-5 (PDE-5), das im Schwellkörper des Penis für den Abbau von cGMP (cyclisches Guanosinmonophosphat) verantwortlich ist.
Bei sexueller Stimulation wird Stickstoffmonoxid (NO) freigesetzt, das die Bildung von cGMP anregt. cGMP sorgt für die Entspannung der glatten Muskulatur in den Schwellkörpern, erweitert die Blutgefäße und ermöglicht so den vermehrten Bluteinstrom – die Erektion entsteht.
Durch die Hemmung von PDE-5 durch die Medikamente bleibt cGMP länger erhalten, die Gefäßentspannung und der Bluteinstrom werden verstärkt und verlängert. Die Erektion kann leichter entstehen und länger aufrechterhalten werden, jedoch nur bei sexueller Stimulation
Nun gibt es Alternativen aus dem Reich der Biohacker. Auch hier wieder der Hinweis auf die essenziellen Stoffe, die in hinreichender Menge notwendig sind, damit eine gesunde Gefäßfunktion überhaupt dargestellt werden kann.
Auch hier wieder der Hinweis, dass die Kombination mehrerer Wirkstoffe erheblich bessere Erfolge verspricht und man(n) sich langsam mit der Dosierung an die optimale Kombination herantasten sollte:
- Icariin: Icariin ist der Wirkstoff aus der Elfenblume, die auch als „Geiles Ziegenkraut“ bezeichnet wird. Icariin ist auch ein PDE5-Hemmer, wie die bekannten pharmakologischen Stoffe. Damit eine Wirkung erzielt werden kann, muss mit höheren Dosen gearbeitet werden. Problematisch ist hierbei die Tatsache, daß es grau aus China importiert werden muss (siehe Kapitel „Grauimporte“ bei Bezugsquellen)
- L-Arginin & Citrullin steigern die Stickstoffmonoxid (NO)-Produktion, was die Gefäßweitung und Durchblutung – auch im Penis – verbessert. Besonders die Kombination ist günstig (Arginin kurzfristig, Citrullin nachhaltiger).
- Maca (Lepidium meyenii) steigert Libido und Erektionshärte in Studien, vermutlich über Dopamin- und NO-Systeme. Kein direkter Einfluss auf Testosteron, aber psychosexuelle Effekte.
- Pycnogenol: [Stanislavov2003] In einer Studie mit 40 Männern ohne organische ED (Erektile Disfunktion) führte die Kombination von L-Arginin (1,7 g/Tag) und Pycnogenol (beginnend mit 80 mg/Tag, später 120 mg/Tag) über 3 Monate zu einer Wiederherstellung der normalen Erektionsfähigkeit bei 92,5 % der Teilnehmer.
- Tribulus terrestris: Kann bei Männern mit geringem Testosteronwert Libido und Erektionsfähigkeit verbessern (umstrittene Datenlage). Wirkung nicht bei allen Männern nachgewiesen.
- Ashwagandha: Adaptogen, das bei Stress-induzierter ED hilft; kann Testosteron leicht steigern, Cortisol senken.
- DHEA: Hormonvorstufe (v. a. bei älteren Männern), die Testosteron und Libido leicht anheben kann.
Die Ursachen bei Frauen
Bei Frauen gibt es dieses mechanische Problem der Männer nicht. Abgesehen von Trockenheit, die man ja gut behandeln kann, besteht das Problem in der Regel in Lustlosigkeit. Auch hier lasse ich psychische Probleme und Beziehungsprobleme mal komplett bei Seite und konzentriere mich hier nur auf „endogene Ursachen“.
Eine häufige Ursache können Depressionen sein. Hierzu gibt es auf dieser Seite einen eigenen Text.
Häufig liegen hormonelle Probleme zu Grunde. Daran sollte man nicht herumbasteln, sondern eine Hormonanalyse durchführen lassen und mit naturidentischen Hormonen behandeln lassen. Bezüglich Hormonbehandlung von Frauen in den Wechseljahren gibt es ein sehr fundiertes und umfassendes Buch von der Ärztin Dr med Sheila de Liz [Liz2020]: „Woman on Fire: Alles über die fabelhaften Wechseljahre“
Die Behandlung von Frauen
Neben der dringenden Empfehlung einer Hormonanalyse und Behandlung gibt es ein paar gut wirksame Substanzen mit evidenzbasierter Wirkung auf den Libido:
- Maca (Lepidium meyenii): Traditionell in den Anden verwendet, zeigt Maca in Studien positive Effekte auf das sexuelle Verlangen, insbesondere bei Frauen in den Wechseljahren [Dording2015] oder mit antidepressiv-induzierter Libidoverminderung. Es wirkt hormonmodulierend, ohne selbst Hormone zu enthalten. [Meissner2006]
- Tribulus terrestris: In klinischen Studien wurde eine signifikante Verbesserung von sexuellem Verlangen, Erregung und Orgasmusfähigkeit bei Frauen festgestellt. Besonders wirksam bei postmenopausalen Frauen. [Akhtari2014]
- Ginseng (Panax ginseng) Roter Ginseng kann die sexuelle Erregung bei Frauen in den Wechseljahren verbessern. Studien deuten auf eine leicht positive Wirkung auf die sexuelle Funktion hin. [Farnia2019]
- Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum) wirkt hormonell. Eine Studie mit 80 Frauen zeigte, dass Bockshornklee-Extrakt den Sexualtrieb erhöht und Symptome wie vaginale Trockenheit reduziert. [Tester2015]
- Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) kann den Hormonhaushalt beeinflussen, insbesondere durch Wirkung auf die Hypophyse und Prolaktinfreisetzung. [Niroumand2018]
Tribulus terrestris und Maca sind die beiden Stoffe mit der besten Evidenz und Wirksamkeit. Wunder darf man dennoch nicht erwarten. Ein Versuch ist es wert.